Widerrufsrecht bei Messekauf – Aktuelles Urteil des BGH
Am Dienstag, den 07.05.2019, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Verbraucher beim Messekauf auf einer Verbrauchermesse kein Widerrufsrecht haben.
Der Fall
Auf der alle zwei Jahre stattfindenden Messe Rosenheim schlossen Privatleute an einem Verkaufsstand einen schriftlichen Kaufvertrag für eine Einbauküche im Wert von € 10.500 ab. Am selben Tag haben sie den Kaufvertrag widerrufen. Eine Widerrufsbelehrung enthielt der Kaufvertrag nicht.
Der Kläger war der Ansicht, den Kaufvertrag wirksam widerrufen zu haben und der Beklagten deshalb keine Ansprüche aus dem Vertrag zustünden. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der Kläger ging in Revision.
Das europaweit geltende Gesetz sieht ein Widerrufsrecht dann vor, wenn Verträge außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers beziehungsweise telefonisch oder im Internet geschlossen werden.
Zu der Frage, ob es sich bei einem nur wenige Tage im Jahr zum Verkauf genutzten Messestand um einen beweglichen Geschäftsraum handelt, stand in einem anderen Fall ein Urteil des I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs noch aus, das bis zur Entscheidung des Gerichtshofes ausgesetzt wurde.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat Revision des Klägers abgelehnt.
In seinem Urteil (AZ: VIII ZR 82/17) legt der BGH dar, dass der Kunde bei einer Verbrauchermesse damit rechnen muss, dass er angesprochen werde. Eine Überrumpelung liegt in dem Fall nicht vor. Der BGH widerspricht außerdem der Ansicht des Klägers, dass es sich bei einem Verkaufsstand um keinen Geschäftsraum handele. Denn das Gesetz sehe in § 312b Abs. 2 BGB auch einen beweglichen Gewerberaum als Geschäftsraum an, sofern der Unternehmer seine Verkaufstätigkeit dort für gewöhnlich entfalte.
Ewas anderes könne gelten, wenn es sich um Informationsmessen handele. Dort müsse der Verbraucher nicht damit rechnen, dass ein Unternehmer die Besucher anspreche und für einen Kaufabschluss gewinnen wolle.
Stichworte
Eine Verbrauchermesse (auch: Publikumsmesse oder Besuchermesse) ist eine Messe, die sich öffentlich an Verbraucher als Publikum richtet. Zu unterscheiden ist sie von einer Fachmesse, bei der akkreditierte Fachbesucher einen Anteil von mehr als 50 % ausmachen. Teils lassen Fachmessen auch keinen Publikumsverkehr zu. Auch die meisten Verbrauchermessen kennen den Besuch von Fachbesuchern, jedoch liegt der Schwerpunkt auf dem Besuch von Verbrauchern.
Die meisten Verbrauchermessen bieten nur Waren einer bestimmten Kategorie (z. B. Unterhaltungselektronik, Autos, Reisen) an. Charakteristisch ist dabei das Vorhandensein sowohl von Herstellern als auch von Einzelhandelsunternehmen. Während die Hersteller dort in der Regel zur Pflege des Markenimages teilnehmen und Neuheiten präsentieren, steht für die Einzelhändler meist der direkte Umsatz im Vordergrund.
Bei großen Verbrauchermessen wird für den Besuch oft ein Eintrittsgeld erhoben.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrauchermesse
§ 312b BGB, Abs. 2
Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.
Quelle: https://dejure.org/gesetze/BGB/312b.html
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, Erwägungsgrund 22
Als Geschäftsräume sollten alle Arten von Räumlichkeiten (wie Geschäfte, Stände oder Lastwagen) gelten, an denen der Unternehmer sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt. Markt- und Messestände sollten als Geschäftsräume behandelt werden, wenn sie diese Bedingung erfüllen. Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, beispielsweise während der Fremdenverkehrssaison an einem Skiort oder Seebadeort, sollten als Geschäftsräume angesehen werden, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit in diesen Geschäftsräumen für gewöhnlich ausübt. Der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen und öffentliche Verkehrsmittel, die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, sowie Privatwohnungen oder Arbeitsplätze sollten nicht als Geschäftsräume gelten. Die Geschäftsräume einer Person, die im Namen oder für Rechnung des Unternehmers gemäß dieser Richtlinie handelt, sollten als Geschäftsräume im Sinne dieser Richtlinie gelten.
Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32011L0083
Ein Informationsstand, Infotisch oder Werbestand ist eine temporär eingerichtete Station, die dazu dient, Informationen oder Werbung in Form von Broschüren oder Flugblättern zu verteilen.